USA 2022/23 | Schulprogramm
Hey, ich bin 16 Jahre alt und im August mit AFS nach Illinois (USA) gereist.
Ich wusste schon vor meiner Bewerbung, dass ich mich als bi identifiziere, und in Deutschland hatte ich zuvor sehr viel Toleranz von meinem Umfeld erfahren und kaum negative Erfahrungen im Zusammenhang damit gesammelt.
Ich wusste aber, dass ich das Thema während des Jahres vorsichtig angehen muss, da ich mir nicht sicher sein konnte, dass Menschen einer anderen Kultur und womöglich mit einem anderen Glauben genauso akzeptierend gegenüber LGBTQ sind wie meine Familie, Freunde und ich selbst.
Während meinen vier Monaten hier habe ich viele tolle Erfahrungen gesammelt, neue Menschen und eine andere Kultur kennengelernt. Darunter wurde ich auch dem Christentum näher gebracht, da meine Familie und viele andere Familien und Freunde in meiner Umgebung Christen sind und wöchentlich die Kirche besuchen.
Für den folgenden Absatz wäre es vielleicht angebracht, eine Triggerwarnung zu geben.
Als ich erstmals bei meiner Gastfamilie angekommen bin und sie nach ein paar Wochen schon etwas besser kennengelernt hatte, unter anderem auch gelernt habe, worin genau der Glauben besteht und wie sie ihren Glauben ausleben, habe ich mich getraut, während eines Gespräches mit meiner Gastmutter das Thema „Sexualitäten“ anzusprechen. Angefangen habe ich mit Fragen wie zum Beispiel, was ihre persönliche Meinung zur Homosexualität ist und was die Kirche bzw. die Bibel dazu sagt. Später habe ich mich dann bei ihr geoutet und ihre Reaktion war nicht die beste, auf die man hoffen kann, aber es war auf jeden Fall besser als erwartet. Sie meinte, dass in der Bibel steht, dass nur Mann und Frau heiraten dürfen und es eine Sünde ist, homosexuell zu sein. Jedoch betonte sie auch, dass es niemanden gibt, der nie sündigt. Sie würde eine Person, die ein Teil der Community ist, deswegen nicht ausschließen oder schlechter behandeln.
Nach diesem Gespräch hatte sie mir auch nochmal gesagt, dass sie froh ist, dass ich ihr das anvertraut habe.
Ich denke, wir sind beide der Meinung, dass das Gespräch unsere Beziehung gestärkt und etwas besser gemacht hat, obwohl wir unterschiedliche Denkweisen haben.Eines der schönsten Erlebnisse, das ich im Zusammenhang mit dem Thema hatte, war eine Freundschaft, die ich geschlossen habe. Eine Person hat sich mir, nachdem wir uns etwas angefreundet hatten, anvertraut und sich bei mir geoutet. Es bedeutet mir wirklich viel, dass sich die Person wohl genug gefühlt hat, um sich mir anvertrauen zu können und es ist bis jetzt die beste und engste Freundschaft, die ich hier geschlossen habe.
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